10. Februar 2020
Radio Free Asia, www.rfa.org

Sieben Tibeter wegen „Verbreitung von Gerüchten“ über die Coronavirus-Bedrohung inhaftiert

Die chinesischen Behörden in Tibet sind gegen Online-Diskussionen über die steigende Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus hart vorgegangen und haben laut staatlichen Medien und anderen Quellen sieben Personen in der tibetischen Präfektur Chamdo unter dem Vorwurf der Verbreitung von Gerüchten und Fehlinformationen festgenommen.

Einer der Festgenommenen, ein Bewohner des Bezirks Gonjo (chin. Gongjue), Präfektur Chamdo, TAR, mit dem Namen Chen, hatte am 29. Januar Online einen Kommentar veröffentlicht, demzufolge Leute vom chinesischen Festland heimlich in den Bezirk einreisten und „Panik unter den Netzbürgern von Chamdo verursachten“, so People's Daily am 5. Februar.

Beamte des Büros für Öffentliche Sicherheit „klärten sofort den Fall“ und nahmen Chen in Gewahrsam, verurteilten ihn zu einer 10tägigen Haftstrafe und einer Geldstrafe von 500 Yuan (ca. 72 US $), hieß es weiter bei People's Daily. Ob Chen ein ethnischer Tibeter oder ein Han-Chinese ist, steht nicht dabei.

Mönche im Kloster Labrang sammeln Spenden für die Opfer des Coronavirus

Indessen wurde ein Mann mit dem Namen Tse im Bezirk Tengchen (chin. Dingqing), Präfektur Chamdo, festgenommen, weil er auf der beliebten Social-Media-Plattform WeChat eine Nachricht veröffentlicht hatte, in der er den Lesern riet, ein bestimmtes Gebet zehnmal zu rezitieren und dieselbe Bitte an zehn weitere Personen weiterzuleiten, um sich vor einer Ansteckung zu schützen.

„Das Büro für öffentliche Sicherheit des Bezirks Tengchen bestrafte den Mann mit einer siebentägigen Verwaltungshaftstrafe gemäß dem Gesetz“, teilte People's Daily mit.

„Die Veröffentlichung von Informationen und Bemerkungen im Internet muß den einschlägigen Gesetzen und Vorschriften entsprechen“, warnte das Büro für öffentliche Sicherheit des Bezirks in einer Mitteilung, die von der staatlich kontrollierten Zeitung zitiert wurde, und forderte die Netzbürger auf, „keine Gerüchte zu kreieren, Gerüchten zu glauben oder Gerüchte zu verbreiten“ und einen „sauberen und harmonischen Cyberspace“ zu schaffen.

Ein Bewohner von Chamdo, der mit dem tibetischen Dienst von RFA sprach, bestätigte den Bericht der Zeitung: „Sieben Personen wurden wegen angeblicher Verbreitung von Desinformationen festgenommen“.

Unterdessen stieg die Zahl der bestätigten Coronavirus-Infektionen in den von Tibetern besiedelten Gebieten Chinas über das Wochenende an, wie die staatlichen Medien berichteten. Insgesamt wurden jetzt 23 (37 bis 13. Febuar) Fälle in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Kardze in Sichuan und sechs in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Kanlho in Gansu gemeldet.

Eine Infektion wurde auch in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Ngaba in Sichuan bestätigt, drei in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Tsojang in der benachbarten Provinz Qinghai und 15 in der Provinzhauptstadt Xining in Qinghai.

Am 5. Februar wurde ein Teeladenbesitzer in der tibetischen Regionalhauptstadt Lhasa entdeckt, der trotz einer Anordnung der Regierung vom 28. Januar, alle Diskotheken, Cyber-Cafés, Teeläden und Kinos zu schließen, seinen Laden geöffnet hatte, wie eine Quelle in Lhasa RFA mitteilte. Der Besitzer sei „nach dem Gesetz mit einer Geldstrafe belegt worden, weil er gegen das Verbot der Regierung verstoßen hatte“.

Tibetische Mönche bemühen sich indessen darum, die Ausbreitung des Virus einzudämmen, indem sie im Kloster Labrang im Bezirk Sangchu (Xiahe) der Provinz Gansu Spenden sammeln und im Bezirk Tawu (Daofu) der TAP Kardze, der von der Ausbreitung der Infektion bereits schwer betroffen ist, Tausende von Gesichtsmasken verteilen (32 Fälle).

„Das ist das Mindeste, was wir für die Menschen in Tawu tun können“, sagte ein Mönch des Klosters Shedrup Tenphel Choeling, den die in Peking lebende tibetische Schriftstellerin Woeser auf ihrer Facebook-Seite zitierte.
„Wir hoffen, daß wir bei der Verhinderung [der weiteren Verbreitung] dieser Epidemie irgendwie behilflich sein können“, sagte der Mönch.